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Die MS schreitet voran – doch Schreiben verleiht mir Flügel!

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Caroline Régnard-Mayer hat ihren Weg gefunden. Sie hat gelernt in ihrem Rhythmus zu leben und sie kann heute „nein“ sagen. – Doch Sie spürt: Die MS schreitet voran. Wandern und Fahrradfahren geht nicht mehr,

Caroline Régnard-Mayer hat ihren Weg gefunden. Sie hat gelernt in ihrem Rhythmus zu leben und sie kann heute „nein“ sagen. – Doch Sie spürt: Die MS schreitet voran. Wandern und Fahrradfahren geht nicht mehr, doch sie hat einen fantastischen Ersatz gefunden: Das Schreiben! Das verleiht ihr Flügel und ist gleichzeitig Therapie für sie selbst und Unterstützung für andere Betroffene.

In dem neuestes Buch von Caroline Régnard-Mayer geht es um die unsichtbaren Symptome der Multiple Sklerose. Ein Arbeitsbuch mit Platz für die eigenen Notizen und klein genug, um es mit zum Arzt zu nehmen.

Mit einem Klick auf den Buchtitel gelangen Sie direkt zu Amazon.de. Mit einem Kauf des Buches unterstützen Sie das Projekt „MS-Podcast“.

Hier können Sie die Geschichte lesen:

Ich bin 49 Jahre alt, bald 50. Meine Diagnose bekam ich 2005, die ersten Symptome hatte ich aber schon 1997. Da hatte ich Sensibilitätsstörungen in den Beinen und in den Armen, teils hatte ich auch ’ne Zeit lang Taubheitsgefühle und dann hat sich wieder alles zurückgebildet. 1995 kam meine Tochter zur Welt mit einer sehr schweren Hüftdysplasie und Asthmaproblemen. Ich war da ständig müde bis 1997. Die zwei Jahre waren ’ne aufopfernde Pflege und ich hatte immer wieder diese Taubheitsgefühle und diese Sensibilitätsstörungen in den Beinen. Das ganze Gesamtbild hat mich dazu veranlasst, 1997 dann einen Neurologen aufzusuchen. Ich wurde bei den Ärzten nicht ernstgenommen. Immer wieder wurde ich falsch behandelt. Auf Depressionen, auf Schlafstörungen. Mir wurde gesagt, ich soll einfach an die frische Luft gehen. Ich soll meinen Kopf frei machen. Das wäre alles, diese Gehprobleme … Ich hatte dann 2001 glaub ich, war das, sehr schwere Gangstörungen. Also, mein Gleichgewicht war betroffen und da haben die immer gesagt: „Machen Sie Ihren Kopf frei. Sie müssen in Behandlung. Sie müssen in Psychotherapie.“ Ja, das hab ich dann zwar gemacht, aber die Gangunsicherheit und die Taubheitsgefühle, die sind davon nicht besser geworden.

Ich hab wirklich eine Psychotherapie gemacht. Was mir aber nicht viel gebracht hat, die Gangunsicherheit, die Sensibilitätsstörungen und diese „Fatigue“, diese chronische Erschöpfung bei der MS, hat sich nicht gelegt. Ich hab eigentlich in einem Tempo weitergemacht, das heute sehr unangebracht ist. Ich hab zu viel gemacht. Ich hab meine Grenzen überschritten. Ich hab meine Tochter aufopfernd gepflegt, ich hatte wahnsinnig viele Klinikaufenthalte mit ihr. Durch das Asthma musste ich auch in die Schweiz nach Davos. Wochenlang musste ich in eine Asthmaklinik. Mein Sohn kam dann auch auf die Welt und er hatte das gleiche Problem wie meine Tochter: Hüftdysplasie. Das heißt, ich hatte dann zwei Kinder mit Hüftdysplasie und musste sie pflegen. OPs waren dann notwendig, Schienen-tragen. Und das hat mich natürlich an die Grenze des Belastbaren gebracht. Ausgelöst hat das die Multiple Sklerose sicher nicht. Das wird immer offen bleiben, die Frage, was es ausgelöst hat. Aber es hat die Symptome verstärkt, und dass die MS damals schnell vorangeschritten ist.

Heute habe ich meinen Weg gefunden. Ich bin mittlerweile nicht mehr im schubförmig remettierenden Verlauf, sondern im sekundär chronischen progredienten Verlauf. Aber ich hab meinen Weg gefunden. Ich schreibe Bücher, ich geh nicht mehr über meine Grenzen. Ich habe das durch Psychotherapie, durch MS-Kliniken gelernt, einfach in meinem Rhythmus zu leben. Und ich kann heute „Nein“ sagen. Das war jahrelang nicht der Fall. Ich hab zu allem „Ja“ gesagt. Und das hab ich erkannt, dass ich für mich was tun muss.

Ich mach maximal einen Termin am Tag. Wenn überhaupt. Ich sage Termine ab, wenn ich nicht mehr kann. Ich hab die Feldenkraislehre für mich gefunden, zur Entspannung. Ich geh spazieren, wenn ich denke, es tut mir gut. Ich mach meinen Haushalt in meinem Rhythmus. Es bleibt auch mal was liegen, es läuft mir nicht davon. Und, was sehr wichtig ist, find ich, bei der MS: Sich mit Menschen zu umgeben, die einem gut tun. Ich hab mich von sehr vielen Freunden und Bekannten verabschieden müssen und wollen.

Nach der Erstdiagnose begann ich damals mit Interferon zu spritzen. Das hatte ich dreieinhalb Jahre, hatte dann aber sehr schwere Depressionen. Und dann hab ich noch Copaxone ausprobiert. Alles Medikamente für die Basistherapie, zum Spritzen. Ich hatte auch mal die Homöopathie ausprobiert, das war ein Schuss in den Ofen. Ich hatte einen sehr schweren Schub. Ich bin dann irgendwann, da die MS keine Ruh‘ gegeben hatte − es waren zwei bis fünf Schübe im Jahr − bin ich in die Eskalationstherapie eingestiegen mit Tysabri, musste nach dreieinhalb Jahren leider aufhören, weil der JC-Virus positiv war. Das ist kontrainduziert, weil Tysabri die PML, die oft tödlich verläuft, als Nebenwirkung hat. Dann bin ich weg von Tysabri, hab eine Zeit lang nichts gemacht. Und heute nehme ich ein orales Medikament, das seit letztem Jahr zugelassen ist. Es ist mehr ein Versuch. Weil ich bin ja im chronischen Bereich und normalerweise ist es nur für den schubförmigen Verlauf zugelassen.

Ich merke, die Multiple Sklerose schreitet voran. Meine Gehstrecke ist maximal nur 500 Meter. Wandern und spazieren gehen im Pfälzer Wald, das ist gestrichen. Auch im Hochgebirge, was mein Hobby war. Ist absolut nicht mehr dran zu denken, das auszuführen. Selbst Fahrradfahren geht mal einen Kilometer, weil ich Gleichgewichtsprobleme hab. Ich hab mich von vielem verabschieden müssen. Die Medikamente haben die MS nur bedingt aufhalten können.

Schreiben verleiht mir Flügel

Als Ersatz dafür habe ich das Schreiben gefunden. Ich war nach einem sehr schweren Schub Ende 2008 fast bewegungslos in der Klinik gelegen. Ich konnte überhaupt nicht mehr Laufen und mich nicht mehr selbst anziehen. Beim Waschen musste ich Hilfe annehmen von den Schwestern. Und da hat mir eine Freundin ein Buch gebracht, in einer Gedichtform. Da hat eine MS-Mitautorin alles in Prosa erzählt, ihre Geschichte. Und dann hab ich gedacht: „Mensch, das schreibst du auch mal nieder. Vielleicht ist Schreiben eine gute Therapie, um das an das Papier abzugeben.“ Und dann kam schnell der Gedanke: „Ich werde meine Zeilen, meine niedergeschriebene Geschichte vor und nach der Diagnose, in ein Buch verfassen.“ Und somit begann für mich der Weg einer Hobbyautorin.

Ja, schreiben ist für mich heute noch Therapie. Ich verfasse manchmal für die Presse kleine Artikel. Für die deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft verfasse ich Texte, weil ich auch Gruppenleiterin von der Landauer Selbsthilfegruppe bin. Ich bin in Facebook ziemlich aktiv und ich versuche auch andere zu unterstützen, und da ist natürlich Schreiben angesagt. Und Schreiben verleiht mir Flügel. Ich kann da alles abgeben und es tut mir einfach gut. Und durch das Schreiben hab ich natürlich auch wahnsinnig viele Menschen kennengelernt und ich merke, ich kann da viel weitergeben. Sie können mir helfen, die Leserschaft, und ich kann viel den Lesern geben. Gerade, wenn es dann natürlich um die Thematik MS geht, hab ich mir mittlerweile halt sehr viel Wissen angeeignet und das kann ich anderen Menschen weitergeben. Für mich ist wichtig, einfach im Gespräch mit meinen Lesern zu bleiben, mit anderen Menschen, die dieselbe Krankheit haben. Die können einen verstehen.

Ich bin auch von der Fatigue, dieser chronischen Erschöpfung sehr geprägt im Alltag. Die ist ständig präsent, die Fatigue. Ich hab enorme Schwierigkeiten mit der Blase, bis zur Inkontinenz an manchen Tagen. Ich hab depressive Störungen, das ist einfach … das kommt durch hirnorganische Veränderungen, durch die MS. Die Gehstrecke ist immer kürzer geworden. Und ich merke, es geht einfach anderen Menschen auch so. Und wir können uns unwahrscheinlich viel untereinander austauschen, gegenseitig Tipps geben. Und das sind einfach Menschen, die verstehen einen. Weil sie ja dieselben Probleme haben wie ich. Und da bin ich einfach … da werde ich einfach so angenommen, wie ich bin.

Die unsichtbaren Symptome

Ich habe im Februar ein Buch veröffentlicht, und zwar: „Wir haben MS und keiner sieht es! Multiple Sklerose − unsichtbare Symptome“. Ich werde im Alltag immer wieder angesprochen: „Du siehst ja so gut aus. Du kannst ja immer noch laufen.“ Ja, toll, ich kann laufen. Aber nur bis 500 Meter. Was ist das? Es nimmt mich keiner mehr mit in den Wald. Es nimmt mich keiner mehr mit zu Events, wo gelaufen werden muss. Ich hab natürlich meine Tiegel von Make-up auf. Es muss ja nicht jeder sehen, dass es einem schlecht geht. Und um dieses in die Öffentlichkeit zu tragen, hab ich das Buch geschrieben. Ich hab aber das Buch hauptsächlich für Betroffene geschrieben, da alle möglichen unsichtbaren Symptome − wie Blasenstörung, Darmstörung, Fatigue, Depressionen, Sexualität − das hab ich in das Buch reingepackt. Es sind auch teils medizinische Fakten, ich erkläre die ganzen Symptome. Ich weise auf Homepages hin und stelle Medikamente vor. Immer mit dem Hinweis, dass Neurologe und Urologe oder Hausarzt aufgesucht werden muss, dass das bei mir nur eine gewisse Erklärung, Information ist. Und ich habe in das Buch „Eigene Notizen“ eingebaut. Das heißt, derjenige kann seine eigenen Medikamente reinschreiben, seine eigenen Beschwerden. Und somit kann er das Buch − ich hab es in eine Größe für die Handtasche gepackt − unter den Arm klemmen und ab damit zum Arzt.

Die MS war für mich am Anfang wirklich sehr schlimm. Es war wie so ein Gespenst, wie Dämonen, die an meiner Bettkante gesessen haben. So beschreib‘ ich das immer. Morgens schon hat er mir den Tag versaut. Aber heute seh ich das gar nicht mehr als so schrecklich, diese Krankheit. Sie hat mich auf Wege gebracht, die ich niemals beschritten hätte. Ich hab nach anderen Hobbies gesucht, die mir Spaß machen, die mir gut tun. Ich habe nach Menschen Ausschau gehalten, die mir gut tun. Ich bin zum Schreiben gekommen. Ich bin mittlerweile selbst in der Selbsthilfegruppe, umgeben von Menschen und Taten und Aktionen, die mir gut tun. Grade steht MS-Tag wieder vor der Tür. Da hab ich einen Riesenevent auf der Landesgartenschau in Landau geplant. Also, es verleiht mir Flügel. Ich bin einfach ein anderer Mensch wie vor der Diagnose. Und das Schlimme, das viele unter der Diagnose und dem Leben mit der Multiple Sklerose erzählen, das, muss ich sagen, das ist bei mir nicht mehr. Das Schlimme, das Negative hab ich ablegen können.

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Caroline Régnard-Mayer hat ihren Weg gefunden. Sie hat gelernt in ihrem Rhythmus zu leben und sie kann heute „nein“ sagen. – Doch Sie spürt: Die MS schreitet voran. Wandern und Fahrradfahren geht nicht mehr,

Caroline Régnard-Mayer hat ihren Weg gefunden. Sie hat gelernt in ihrem Rhythmus zu leben und sie kann heute „nein“ sagen. – Doch Sie spürt: Die MS schreitet voran. Wandern und Fahrradfahren geht nicht mehr, doch sie hat einen fantastischen Ersatz gefunden: Das Schreiben! Das verleiht ihr Flügel und ist gleichzeitig Therapie für sie selbst und Unterstützung für andere Betroffene.

In dem neuestes Buch von Caroline Régnard-Mayer geht es um die unsichtbaren Symptome der Multiple Sklerose. Ein Arbeitsbuch mit Platz für die eigenen Notizen und klein genug, um es mit zum Arzt zu nehmen.

Mit einem Klick auf den Buchtitel gelangen Sie direkt zu Amazon.de. Mit einem Kauf des Buches unterstützen Sie das Projekt „MS-Podcast“.

Hier können Sie die Geschichte lesen:

Ich bin 49 Jahre alt, bald 50. Meine Diagnose bekam ich 2005, die ersten Symptome hatte ich aber schon 1997. Da hatte ich Sensibilitätsstörungen in den Beinen und in den Armen, teils hatte ich auch ’ne Zeit lang Taubheitsgefühle und dann hat sich wieder alles zurückgebildet. 1995 kam meine Tochter zur Welt mit einer sehr schweren Hüftdysplasie und Asthmaproblemen. Ich war da ständig müde bis 1997. Die zwei Jahre waren ’ne aufopfernde Pflege und ich hatte immer wieder diese Taubheitsgefühle und diese Sensibilitätsstörungen in den Beinen. Das ganze Gesamtbild hat mich dazu veranlasst, 1997 dann einen Neurologen aufzusuchen. Ich wurde bei den Ärzten nicht ernstgenommen. Immer wieder wurde ich falsch behandelt. Auf Depressionen, auf Schlafstörungen. Mir wurde gesagt, ich soll einfach an die frische Luft gehen. Ich soll meinen Kopf frei machen. Das wäre alles, diese Gehprobleme … Ich hatte dann 2001 glaub ich, war das, sehr schwere Gangstörungen. Also, mein Gleichgewicht war betroffen und da haben die immer gesagt: „Machen Sie Ihren Kopf frei. Sie müssen in Behandlung. Sie müssen in Psychotherapie.“ Ja, das hab ich dann zwar gemacht, aber die Gangunsicherheit und die Taubheitsgefühle, die sind davon nicht besser geworden.

Ich hab wirklich eine Psychotherapie gemacht. Was mir aber nicht viel gebracht hat, die Gangunsicherheit, die Sensibilitätsstörungen und diese „Fatigue“, diese chronische Erschöpfung bei der MS, hat sich nicht gelegt. Ich hab eigentlich in einem Tempo weitergemacht, das heute sehr unangebracht ist. Ich hab zu viel gemacht. Ich hab meine Grenzen überschritten. Ich hab meine Tochter aufopfernd gepflegt, ich hatte wahnsinnig viele Klinikaufenthalte mit ihr. Durch das Asthma musste ich auch in die Schweiz nach Davos. Wochenlang musste ich in eine Asthmaklinik. Mein Sohn kam dann auch auf die Welt und er hatte das gleiche Problem wie meine Tochter: Hüftdysplasie. Das heißt, ich hatte dann zwei Kinder mit Hüftdysplasie und musste sie pflegen. OPs waren dann notwendig, Schienen-tragen. Und das hat mich natürlich an die Grenze des Belastbaren gebracht. Ausgelöst hat das die Multiple Sklerose sicher nicht. Das wird immer offen bleiben, die Frage, was es ausgelöst hat. Aber es hat die Symptome verstärkt, und dass die MS damals schnell vorangeschritten ist.

Heute habe ich meinen Weg gefunden. Ich bin mittlerweile nicht mehr im schubförmig remettierenden Verlauf, sondern im sekundär chronischen progredienten Verlauf. Aber ich hab meinen Weg gefunden. Ich schreibe Bücher, ich geh nicht mehr über meine Grenzen. Ich habe das durch Psychotherapie, durch MS-Kliniken gelernt, einfach in meinem Rhythmus zu leben. Und ich kann heute „Nein“ sagen. Das war jahrelang nicht der Fall. Ich hab zu allem „Ja“ gesagt. Und das hab ich erkannt, dass ich für mich was tun muss.

Ich mach maximal einen Termin am Tag. Wenn überhaupt. Ich sage Termine ab, wenn ich nicht mehr kann. Ich hab die Feldenkraislehre für mich gefunden, zur Entspannung. Ich geh spazieren, wenn ich denke, es tut mir gut. Ich mach meinen Haushalt in meinem Rhythmus. Es bleibt auch mal was liegen, es läuft mir nicht davon. Und, was sehr wichtig ist, find ich, bei der MS: Sich mit Menschen zu umgeben, die einem gut tun. Ich hab mich von sehr vielen Freunden und Bekannten verabschieden müssen und wollen.

Nach der Erstdiagnose begann ich damals mit Interferon zu spritzen. Das hatte ich dreieinhalb Jahre, hatte dann aber sehr schwere Depressionen. Und dann hab ich noch Copaxone ausprobiert. Alles Medikamente für die Basistherapie, zum Spritzen. Ich hatte auch mal die Homöopathie ausprobiert, das war ein Schuss in den Ofen. Ich hatte einen sehr schweren Schub. Ich bin dann irgendwann, da die MS keine Ruh‘ gegeben hatte − es waren zwei bis fünf Schübe im Jahr − bin ich in die Eskalationstherapie eingestiegen mit Tysabri, musste nach dreieinhalb Jahren leider aufhören, weil der JC-Virus positiv war. Das ist kontrainduziert, weil Tysabri die PML, die oft tödlich verläuft, als Nebenwirkung hat. Dann bin ich weg von Tysabri, hab eine Zeit lang nichts gemacht. Und heute nehme ich ein orales Medikament, das seit letztem Jahr zugelassen ist. Es ist mehr ein Versuch. Weil ich bin ja im chronischen Bereich und normalerweise ist es nur für den schubförmigen Verlauf zugelassen.

Ich merke, die Multiple Sklerose schreitet voran. Meine Gehstrecke ist maximal nur 500 Meter. Wandern und spazieren gehen im Pfälzer Wald, das ist gestrichen. Auch im Hochgebirge, was mein Hobby war. Ist absolut nicht mehr dran zu denken, das auszuführen. Selbst Fahrradfahren geht mal einen Kilometer, weil ich Gleichgewichtsprobleme hab. Ich hab mich von vielem verabschieden müssen. Die Medikamente haben die MS nur bedingt aufhalten können.

Schreiben verleiht mir Flügel

Als Ersatz dafür habe ich das Schreiben gefunden. Ich war nach einem sehr schweren Schub Ende 2008 fast bewegungslos in der Klinik gelegen. Ich konnte überhaupt nicht mehr Laufen und mich nicht mehr selbst anziehen. Beim Waschen musste ich Hilfe annehmen von den Schwestern. Und da hat mir eine Freundin ein Buch gebracht, in einer Gedichtform. Da hat eine MS-Mitautorin alles in Prosa erzählt, ihre Geschichte. Und dann hab ich gedacht: „Mensch, das schreibst du auch mal nieder. Vielleicht ist Schreiben eine gute Therapie, um das an das Papier abzugeben.“ Und dann kam schnell der Gedanke: „Ich werde meine Zeilen, meine niedergeschriebene Geschichte vor und nach der Diagnose, in ein Buch verfassen.“ Und somit begann für mich der Weg einer Hobbyautorin.

Ja, schreiben ist für mich heute noch Therapie. Ich verfasse manchmal für die Presse kleine Artikel. Für die deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft verfasse ich Texte, weil ich auch Gruppenleiterin von der Landauer Selbsthilfegruppe bin. Ich bin in Facebook ziemlich aktiv und ich versuche auch andere zu unterstützen, und da ist natürlich Schreiben angesagt. Und Schreiben verleiht mir Flügel. Ich kann da alles abgeben und es tut mir einfach gut. Und durch das Schreiben hab ich natürlich auch wahnsinnig viele Menschen kennengelernt und ich merke, ich kann da viel weitergeben. Sie können mir helfen, die Leserschaft, und ich kann viel den Lesern geben. Gerade, wenn es dann natürlich um die Thematik MS geht, hab ich mir mittlerweile halt sehr viel Wissen angeeignet und das kann ich anderen Menschen weitergeben. Für mich ist wichtig, einfach im Gespräch mit meinen Lesern zu bleiben, mit anderen Menschen, die dieselbe Krankheit haben. Die können einen verstehen.

Ich bin auch von der Fatigue, dieser chronischen Erschöpfung sehr geprägt im Alltag. Die ist ständig präsent, die Fatigue. Ich hab enorme Schwierigkeiten mit der Blase, bis zur Inkontinenz an manchen Tagen. Ich hab depressive Störungen, das ist einfach … das kommt durch hirnorganische Veränderungen, durch die MS. Die Gehstrecke ist immer kürzer geworden. Und ich merke, es geht einfach anderen Menschen auch so. Und wir können uns unwahrscheinlich viel untereinander austauschen, gegenseitig Tipps geben. Und das sind einfach Menschen, die verstehen einen. Weil sie ja dieselben Probleme haben wie ich. Und da bin ich einfach … da werde ich einfach so angenommen, wie ich bin.

Die unsichtbaren Symptome

Ich habe im Februar ein Buch veröffentlicht, und zwar: „Wir haben MS und keiner sieht es! Multiple Sklerose − unsichtbare Symptome“. Ich werde im Alltag immer wieder angesprochen: „Du siehst ja so gut aus. Du kannst ja immer noch laufen.“ Ja, toll, ich kann laufen. Aber nur bis 500 Meter. Was ist das? Es nimmt mich keiner mehr mit in den Wald. Es nimmt mich keiner mehr mit zu Events, wo gelaufen werden muss. Ich hab natürlich meine Tiegel von Make-up auf. Es muss ja nicht jeder sehen, dass es einem schlecht geht. Und um dieses in die Öffentlichkeit zu tragen, hab ich das Buch geschrieben. Ich hab aber das Buch hauptsächlich für Betroffene geschrieben, da alle möglichen unsichtbaren Symptome − wie Blasenstörung, Darmstörung, Fatigue, Depressionen, Sexualität − das hab ich in das Buch reingepackt. Es sind auch teils medizinische Fakten, ich erkläre die ganzen Symptome. Ich weise auf Homepages hin und stelle Medikamente vor. Immer mit dem Hinweis, dass Neurologe und Urologe oder Hausarzt aufgesucht werden muss, dass das bei mir nur eine gewisse Erklärung, Information ist. Und ich habe in das Buch „Eigene Notizen“ eingebaut. Das heißt, derjenige kann seine eigenen Medikamente reinschreiben, seine eigenen Beschwerden. Und somit kann er das Buch − ich hab es in eine Größe für die Handtasche gepackt − unter den Arm klemmen und ab damit zum Arzt.

Die MS war für mich am Anfang wirklich sehr schlimm. Es war wie so ein Gespenst, wie Dämonen, die an meiner Bettkante gesessen haben. So beschreib‘ ich das immer. Morgens schon hat er mir den Tag versaut. Aber heute seh ich das gar nicht mehr als so schrecklich, diese Krankheit. Sie hat mich auf Wege gebracht, die ich niemals beschritten hätte. Ich hab nach anderen Hobbies gesucht, die mir Spaß machen, die mir gut tun. Ich habe nach Menschen Ausschau gehalten, die mir gut tun. Ich bin zum Schreiben gekommen. Ich bin mittlerweile selbst in der Selbsthilfegruppe, umgeben von Menschen und Taten und Aktionen, die mir gut tun. Grade steht MS-Tag wieder vor der Tür. Da hab ich einen Riesenevent auf der Landesgartenschau in Landau geplant. Also, es verleiht mir Flügel. Ich bin einfach ein anderer Mensch wie vor der Diagnose. Und das Schlimme, das viele unter der Diagnose und dem Leben mit der Multiple Sklerose erzählen, das, muss ich sagen, das ist bei mir nicht mehr. Das Schlimme, das Negative hab ich ablegen können.

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