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Ergotherapie als Türenöffner

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Für den Heilerziehungspfleger Roman Hannusch war die Diagnose ein Schock. Lange konnte er nur sehen, was die Multiple Sklerose ihm genommen hat. Mittlerweile hat er seine Lebensfreude wieder gefunden und schätzt,
Für den Heilerziehungspfleger Roman Hannusch war die Diagnose ein Schock. Lange konnte er nur sehen, was die Multiple Sklerose ihm genommen hat. Mittlerweile hat er seine Lebensfreude wieder gefunden und schätzt, dass er sich durch die Krankheit viel besser kennengelernt hat.
Seine größte Sorge ist, dass er seine Mitmenschen nicht bereichern könnte und ihm sein Humor abhanden kommt. Bisher scheint das keine Gefahr zu sein 😉 Er mischt sich ein, gibt Zuspruch, humorvoll und kritisch! Und das besonders gerne digital.Sie können Kontakt zu Roman aufnehmen. Sie finden ihn auf Facebook und bei spin.de und per E-Mail erreichen Sie ihn unter DaHaNd4u@hotmail.com

Und einen Eindruck seiner Skulpturen bekommen Sie auf YouTube unter DaHaNd4u

Und nun viel Spaß beim Hören!

Hier können Sie die Geschichte lesen:

Ich bin mittlerweile 32 Jahre alt und bin eigentlich gelernter Heilerziehungspfleger. Also, ich komme auch aus dem sozialen Fach und hatte da auch Leute, für die ich sorgen sollte, die auch MS hatten, und später traf es mich dann selber.

Die Diagnose wurde 2007 im Herbst gestellt. Ich hatte es aber wahrscheinlich schon im Abitur, da hatte ich Fatigue und Erschöpfungszustände und die waren wahrscheinlich mit Schüben verzahnt. Ich hab die schubförmig verlaufende MS. In einer relativ sanften Form, also ich habe keine spürbaren Schübe mehr und bei mir waren größtenteils auch nur die sensiblen Bahnen betroffen. Ab und zu mal leichte Zuckungen, aber größere Muskelgruppen sind da nicht ausgefallen, was halt relativ positiv ist. Weil sich gerade das sensible Nervensystem besser wieder regenerieren kann.

Ich bin relativ beschwerdefrei. Gut, die Nebenwirkungen waren zeitweise ein großes Problem, aber mittlerweile sind die relativ abgeklungen. Ich spritze beispielsweise Interferon und lebe ein relativ normales Leben mit viel Freizeit durch die Erwerbsminderungsrente. Aber ich kann sagen, dass ich noch keine großen Einschränkungen hab. Und ich hoffe, das bleibt auch so. Es wäre durchaus möglich. Also, am Anfang war der Verlauf, bevor ich auf Interferon eingestellt wurde, eigentlich fortlaufend. Da bildeten sich immer mehr neue Herde im Gehirn. Aber ich hab Glück. Beispielsweise das Rückenmark oder der Sehnerv waren noch nicht betroffen. Aber mein MRT vom Gehirn sieht aus wie ein Weihnachtsbaum.

Ja, das war mit 24. Ich war gerade noch im Studium. Und ich war halt dabei zu überlegen, wie ich meine Zukunft plane. Und man hat natürlich, wenn man die Ausbildung Heilerziehungspfleger hat und das selbst in der Ausbildung schon gelernt hat, was MS bedeuten kann, halt so Vorurteile, dass man gleich im Rollstuhl sitzen könnte. Und man kriegt dann natürlich ’ne doppelte Panik, weil man erstmal weiß, worum es geht. Die meisten, wenn der Arzt dort sagt: „MS“, die kennen halt die Verlaufsform nicht, was das eigentlich für eine Krankheit ist und was es im Detail bedeutet, bei denen kommt erstmal: „Ja, und nun?“ Und bei mir war dann eher schon, dass ich dann die Bilder aus dem Studium im Kopf hatte, von Menschen, die auch davon betroffen waren. Und im Studium wurden uns halt die schwereren Fälle gezeigt, um uns halt auf den Ernst der Lage hinzuweisen. Das hat erstmal zu einem großen Schock bei mir geführt und das auch relativ schnell. Ich hab auch erstmal gedacht: „Na gut. Und wie soll ich im Rollstuhl weiterleben?“ Aber das ist jetzt acht Jahre her und ich bin immer noch nicht im Rollstuhl, kann laufen, rennen.

Also ich hab damals beispielsweise noch Doppelschichten gearbeitet, was heute unvorstellbar wäre. Heute lebe ich von Erwerbsunfähigkeitsrente und damals war ich eine Nachtwache im Behindertenheim und hab dann tagsüber noch in der Uni gesessen und das wäre für mich heute unvorstellbar, dass ich mich da verausgabe. Man teilt sich seine Kräfte sehr viel besser ein, weil man gesehen hat: „Der Weg ist lang.“ Und man sollte vielleicht nicht den Sprit auf den ersten 100 Metern verbraucht haben. Ich hab dann zwar meine Ausbildung abgeschlossen, aber hab dann überlegt: „Jetzt nehme ich mir erstmal Zeit für mich.“

Ein großes Problem war halt, dass ich durch das Interferon teilweise am Anfang massive Nebenwirkungen hatte. Also, dass ich beispielsweise Grippesymptome hatte bei jeder Injektion. Und das wirft dann natürlich die Frage auf: „Fühle ich mich jetzt jeden zweiten Tag wie ein Grippepatient oder ebbt das irgendwann ab?“ Und das hat ungefähr ein dreiviertel Jahr gedauert, bis das halbwegs ging. Aber durch die anderen Medikamente, also durch das Hydrocortison, hab ich dann beispielsweise massiv an Gewicht zugelegt und hab ’ne starke Depression beziehungsweise Psychose entwickelt. Das passiert relativ oft bei „Cortison-Stoßtherapien“ haben sie es damals genannt. Also man hat mir glaub ich zwei Liter Hydrocortison hochdosiert in die Vene injiziert. Und da kam meine Psyche nicht mehr ganz drauf klar und das waren halt Erfahrungen, ja. Die Ärzte hätten theoretisch auch eine andere Behandlungsform nutzen können, aber um erstmal diese MS zu bremsen, haben sie sich da für die Radikaltour, die „Rosskur“, entschieden und das war jetzt vielleicht nicht unbedingt das Beste für mich persönlich, aber vielleicht für den Krankheitsverlauf.

Die waren relativ freundlich, aber ich hatte damals schon leichte Depressionen. Ungefähr zwanzig Prozent der MS-Kranken entwickeln durch die Cortisolveränderung im Gehirn mit einem Schub parallel halt bipolare oder depressive Episoden. Und das hatte ich damals. Einige die das vielleicht kennen: da hilft der beste Zuspruch von Freund, Arzt und Eltern nix, wenn man da in sich gekehrt, introvertiert wird. Und das Hydrocortison, als es dann später gegeben wurde, hat das dann noch verstärkt. Also, das Hydrocortison ist halt auch nicht unbedingt ein Glas Milch, das man trinkt. Und von da her musste ich erstmal diesen introvertierten Weltschmerz, der da in mir gepflanzt wurde, überwinden und das hat relativ lang gedauert. Aber da hat mir beispielsweise eine Ergotherapie gut geholfen. Also, die hat da ausgleichend in der Langzeittherapie, muss ich sagen, eigentlich wieder ein paar Türen geöffnet. Irgendwann fand ich dann auch meinen Humor wieder, den ich dann mit Freunden leben konnte und, was besonders wichtig war, dass Freunde mich auch an der Krankheit vorbei wieder kennenlernen konnten. Weil ansonsten ist man dann immer bloß in der Opferrolle gespiegelt im eigenen sozialen Netz und das verstärkt dann das introvertierte Sinnieren: „Ja, wohin eigentlich?“ Von daher ist eigentlich eher dort weiterzumachen, wo man vorher war, noch um einiges günstiger, als die MS größer zu machen als sie eigentlich ist.

Zur Zeit vollberentet, aber ich überlege, ob ich mich nochmal an der Uni einschreibe, um zumindest für den Kopf wieder ein bisschen Futter zu bekommen.

Ich hab damals noch bei meinen Eltern gewohnt, bin aber dann, als ich das erste Mal aus dem Krankenhaus kam, ausgezogen. In eine eigene Wohnung und kann meinen Haushalt relativ gut führen. Obwohl die Eltern dann mal öfter beispielsweise einen Großeinkauf mit dem Auto fahren. Oder wir unternehmen irgendwas am Wochenende. Aber an sich wohne ich alleine und das funktioniert relativ gut.

Am besten hat mir eigentlich geholfen, dass ich wieder zu mir selbst gefunden hab. Also, dass ich gelernt hab, dass die MS mit mir klarkommen muss und ich nicht mit der MS. Man kann sie ja wie eine Bürde tragen oder eher wie ein Boot. Mag ja sein, dass mein Boot leck ist. Aber mit ein bisschen schöpfen und rudern komm‘ ich trotzdem ans Ziel. Ich versuche das teilweise mit Humor zu nehmen. Also, ob da so eine T-Helferfresszelle ab und zu mal daneben beißt, das merke ich manchmal nicht, aber wenn sie mal getroffen hat, dann weiß ich: „Ah! Da ist sie wieder.“ Aber, ich muss sagen, ich kann es schwerer nehmen, also wie eine Bürde begreifen, oder aber auch als Chance, die Welt anders kennenzulernen.

Früher war ich sehr viel risikobereiter im Alltag. Man lernt ja mit 24, 25 die Welt erstmal noch kennen. Man weiß zwar schon viel, aber ich würde sagen bis 30 kennt man sich selbst noch nicht genau. Ich habe mich dadurch selbst viel besser kennengelernt und worauf ich in mir achten muss und was mir wirklich gut tut. Ich war schon immer ein sehr kreativer Mensch. Ich mach beispielsweise Kunstskulpturen aus Gipsbinden und Draht und wann immer es sich anbietet, schreib ich mal einen Text. Und die Kreativität ist nicht verlorengegangen. Ich hab noch ungefähr genauso einen scharfen Verstand wie früher. Bloß, da ich damals den Fokus immer auf die Krankheit und was mir genommen wurde, gelegt hab, hab ich nicht mal mehr meine Stärken wahrgenommen. Und das war mein größter Fehler. Deswegen hat sich das so schleppend hingezogen. Mittlerweile hab ich das überwunden und hab wieder Lebensfreude gefunden. Ob die Leute nun mit 80 Jahren den ersten Rollator haben oder vielleicht wie wir mit 60 oder 50: Ja, wir gehen vielleicht schneller voraus, was das betrifft, was den Verfall angeht. Aber, die Wertschätzung war das Wichtigste daran. Die Wertschätzung an sich selbst aber auch an dem, was man immer noch hat und was man weise verwalten sollte.

Die größte Sorge ist halt, dass ich an der Krankheit vorbei nicht meine Mitmenschen bereichern könnte. Wenn ich mir beispielsweise vorstelle, in 50 Jahren oder so sitze ich in einem Pflegeheim und hab dort meinen Humor verloren und bin dort der meckernde Greis im Pflegebett, der seinem Zimmernachbarn da schwere Zeiten schenkt, dann wäre das nicht ich. Das wäre nicht das, was ich gerne aus dem Leben mitnehmen möchte. Von daher versuche ich durch das, was ich schon überwunden hab, einigen Leuten Zuspruch zu geben. Sei das jetzt digital im Comment-Bereich, wenn man da scherzend Foren flutet mit witzigen Humorbildern oder sei das auch, indem man einige Institutionen ab und zu mal auf Fehlentwicklung in der Betreuung von schwerkranken Menschen aufmerksam macht. Der monetäre Aspekt, worauf unser Sozialstaat eigentlich ausgerichtet ist, dass die arbeitende Bevölkerung halt alles schultert und dass die privilegientechnisch, ja, die Säule unseres Selbstkonzeptes gesellschaftlich sein soll. Das sind halt Entwicklungen … warum hat beispielsweise ein chronisch Kranker, der nie voll arbeiten konnte, so eingeschränkte Privilegien im Alltag? Oder generell, dass halt die arbeitende Bevölkerung ihre Privilegien in Gewerkschaften relativ gut organisieren kann, aber dass Leute, die nie die Chance hatten arbeiten gehen zu können, eher wie ein zu verwahrendes Päckchen mitgeschultert werden im Sinne eines: „Wir ziehen euch doch durch. Also beschwert euch nicht.“ Nein, wir haben auch das Recht, uns zu beschweren. Und das ist auch wichtig.

Also, wenn ich Leute in Selbsthilfegruppen, auf Facebook oder auf anderen Social-Media-Plattformen, kennenlerne, dann tauscht man sich da doch schon auf einigen Seiten Text aus beziehungsweise spricht auch in Voicechats. Das digitale Medium ist halt auch eine Tür zu ganz anderen Kontinenten. Ich hab beispielsweise auch mit MS-Betroffene aus den USA schon mal gechattet. Das ist halt relativ bereichernd, auch zu sehen, wie andere Kulturen damit umgehen. Mir ist aufgefallen, amerikanische MS-Betroffene machen da auch eher eine Tugend draus. Die greifen das eher auf, in so einer Art: „Okay, ich bin jetzt MS-krank. Also kämpfe ich für die Rechte der MS-Kranken.“ Und versuchen da offen Privilegien zu erstreiten. Und im obrigkeitshörigen Deutschland, wo Privilegien von oben zugeteilt werden, da wartet man das eher so ab.

Der Verfall als Mensch lässt sich nicht aufhalten. Aber den Sinn stiftet man immer noch selber.

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Für den Heilerziehungspfleger Roman Hannusch war die Diagnose ein Schock. Lange konnte er nur sehen, was die Multiple Sklerose ihm genommen hat. Mittlerweile hat er seine Lebensfreude wieder gefunden und schätzt, dass er sich durch die Krankheit viel besser kennengelernt hat.
Seine größte Sorge ist, dass er seine Mitmenschen nicht bereichern könnte und ihm sein Humor abhanden kommt. Bisher scheint das keine Gefahr zu sein 😉 Er mischt sich ein, gibt Zuspruch, humorvoll und kritisch! Und das besonders gerne digital.Sie können Kontakt zu Roman aufnehmen. Sie finden ihn auf Facebook und bei spin.de und per E-Mail erreichen Sie ihn unter DaHaNd4u@hotmail.com

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Ich bin mittlerweile 32 Jahre alt und bin eigentlich gelernter Heilerziehungspfleger. Also, ich komme auch aus dem sozialen Fach und hatte da auch Leute, für die ich sorgen sollte, die auch MS hatten, und später traf es mich dann selber.

Die Diagnose wurde 2007 im Herbst gestellt. Ich hatte es aber wahrscheinlich schon im Abitur, da hatte ich Fatigue und Erschöpfungszustände und die waren wahrscheinlich mit Schüben verzahnt. Ich hab die schubförmig verlaufende MS. In einer relativ sanften Form, also ich habe keine spürbaren Schübe mehr und bei mir waren größtenteils auch nur die sensiblen Bahnen betroffen. Ab und zu mal leichte Zuckungen, aber größere Muskelgruppen sind da nicht ausgefallen, was halt relativ positiv ist. Weil sich gerade das sensible Nervensystem besser wieder regenerieren kann.

Ich bin relativ beschwerdefrei. Gut, die Nebenwirkungen waren zeitweise ein großes Problem, aber mittlerweile sind die relativ abgeklungen. Ich spritze beispielsweise Interferon und lebe ein relativ normales Leben mit viel Freizeit durch die Erwerbsminderungsrente. Aber ich kann sagen, dass ich noch keine großen Einschränkungen hab. Und ich hoffe, das bleibt auch so. Es wäre durchaus möglich. Also, am Anfang war der Verlauf, bevor ich auf Interferon eingestellt wurde, eigentlich fortlaufend. Da bildeten sich immer mehr neue Herde im Gehirn. Aber ich hab Glück. Beispielsweise das Rückenmark oder der Sehnerv waren noch nicht betroffen. Aber mein MRT vom Gehirn sieht aus wie ein Weihnachtsbaum.

Ja, das war mit 24. Ich war gerade noch im Studium. Und ich war halt dabei zu überlegen, wie ich meine Zukunft plane. Und man hat natürlich, wenn man die Ausbildung Heilerziehungspfleger hat und das selbst in der Ausbildung schon gelernt hat, was MS bedeuten kann, halt so Vorurteile, dass man gleich im Rollstuhl sitzen könnte. Und man kriegt dann natürlich ’ne doppelte Panik, weil man erstmal weiß, worum es geht. Die meisten, wenn der Arzt dort sagt: „MS“, die kennen halt die Verlaufsform nicht, was das eigentlich für eine Krankheit ist und was es im Detail bedeutet, bei denen kommt erstmal: „Ja, und nun?“ Und bei mir war dann eher schon, dass ich dann die Bilder aus dem Studium im Kopf hatte, von Menschen, die auch davon betroffen waren. Und im Studium wurden uns halt die schwereren Fälle gezeigt, um uns halt auf den Ernst der Lage hinzuweisen. Das hat erstmal zu einem großen Schock bei mir geführt und das auch relativ schnell. Ich hab auch erstmal gedacht: „Na gut. Und wie soll ich im Rollstuhl weiterleben?“ Aber das ist jetzt acht Jahre her und ich bin immer noch nicht im Rollstuhl, kann laufen, rennen.

Also ich hab damals beispielsweise noch Doppelschichten gearbeitet, was heute unvorstellbar wäre. Heute lebe ich von Erwerbsunfähigkeitsrente und damals war ich eine Nachtwache im Behindertenheim und hab dann tagsüber noch in der Uni gesessen und das wäre für mich heute unvorstellbar, dass ich mich da verausgabe. Man teilt sich seine Kräfte sehr viel besser ein, weil man gesehen hat: „Der Weg ist lang.“ Und man sollte vielleicht nicht den Sprit auf den ersten 100 Metern verbraucht haben. Ich hab dann zwar meine Ausbildung abgeschlossen, aber hab dann überlegt: „Jetzt nehme ich mir erstmal Zeit für mich.“

Ein großes Problem war halt, dass ich durch das Interferon teilweise am Anfang massive Nebenwirkungen hatte. Also, dass ich beispielsweise Grippesymptome hatte bei jeder Injektion. Und das wirft dann natürlich die Frage auf: „Fühle ich mich jetzt jeden zweiten Tag wie ein Grippepatient oder ebbt das irgendwann ab?“ Und das hat ungefähr ein dreiviertel Jahr gedauert, bis das halbwegs ging. Aber durch die anderen Medikamente, also durch das Hydrocortison, hab ich dann beispielsweise massiv an Gewicht zugelegt und hab ’ne starke Depression beziehungsweise Psychose entwickelt. Das passiert relativ oft bei „Cortison-Stoßtherapien“ haben sie es damals genannt. Also man hat mir glaub ich zwei Liter Hydrocortison hochdosiert in die Vene injiziert. Und da kam meine Psyche nicht mehr ganz drauf klar und das waren halt Erfahrungen, ja. Die Ärzte hätten theoretisch auch eine andere Behandlungsform nutzen können, aber um erstmal diese MS zu bremsen, haben sie sich da für die Radikaltour, die „Rosskur“, entschieden und das war jetzt vielleicht nicht unbedingt das Beste für mich persönlich, aber vielleicht für den Krankheitsverlauf.

Die waren relativ freundlich, aber ich hatte damals schon leichte Depressionen. Ungefähr zwanzig Prozent der MS-Kranken entwickeln durch die Cortisolveränderung im Gehirn mit einem Schub parallel halt bipolare oder depressive Episoden. Und das hatte ich damals. Einige die das vielleicht kennen: da hilft der beste Zuspruch von Freund, Arzt und Eltern nix, wenn man da in sich gekehrt, introvertiert wird. Und das Hydrocortison, als es dann später gegeben wurde, hat das dann noch verstärkt. Also, das Hydrocortison ist halt auch nicht unbedingt ein Glas Milch, das man trinkt. Und von da her musste ich erstmal diesen introvertierten Weltschmerz, der da in mir gepflanzt wurde, überwinden und das hat relativ lang gedauert. Aber da hat mir beispielsweise eine Ergotherapie gut geholfen. Also, die hat da ausgleichend in der Langzeittherapie, muss ich sagen, eigentlich wieder ein paar Türen geöffnet. Irgendwann fand ich dann auch meinen Humor wieder, den ich dann mit Freunden leben konnte und, was besonders wichtig war, dass Freunde mich auch an der Krankheit vorbei wieder kennenlernen konnten. Weil ansonsten ist man dann immer bloß in der Opferrolle gespiegelt im eigenen sozialen Netz und das verstärkt dann das introvertierte Sinnieren: „Ja, wohin eigentlich?“ Von daher ist eigentlich eher dort weiterzumachen, wo man vorher war, noch um einiges günstiger, als die MS größer zu machen als sie eigentlich ist.

Zur Zeit vollberentet, aber ich überlege, ob ich mich nochmal an der Uni einschreibe, um zumindest für den Kopf wieder ein bisschen Futter zu bekommen.

Ich hab damals noch bei meinen Eltern gewohnt, bin aber dann, als ich das erste Mal aus dem Krankenhaus kam, ausgezogen. In eine eigene Wohnung und kann meinen Haushalt relativ gut führen. Obwohl die Eltern dann mal öfter beispielsweise einen Großeinkauf mit dem Auto fahren. Oder wir unternehmen irgendwas am Wochenende. Aber an sich wohne ich alleine und das funktioniert relativ gut.

Am besten hat mir eigentlich geholfen, dass ich wieder zu mir selbst gefunden hab. Also, dass ich gelernt hab, dass die MS mit mir klarkommen muss und ich nicht mit der MS. Man kann sie ja wie eine Bürde tragen oder eher wie ein Boot. Mag ja sein, dass mein Boot leck ist. Aber mit ein bisschen schöpfen und rudern komm‘ ich trotzdem ans Ziel. Ich versuche das teilweise mit Humor zu nehmen. Also, ob da so eine T-Helferfresszelle ab und zu mal daneben beißt, das merke ich manchmal nicht, aber wenn sie mal getroffen hat, dann weiß ich: „Ah! Da ist sie wieder.“ Aber, ich muss sagen, ich kann es schwerer nehmen, also wie eine Bürde begreifen, oder aber auch als Chance, die Welt anders kennenzulernen.

Früher war ich sehr viel risikobereiter im Alltag. Man lernt ja mit 24, 25 die Welt erstmal noch kennen. Man weiß zwar schon viel, aber ich würde sagen bis 30 kennt man sich selbst noch nicht genau. Ich habe mich dadurch selbst viel besser kennengelernt und worauf ich in mir achten muss und was mir wirklich gut tut. Ich war schon immer ein sehr kreativer Mensch. Ich mach beispielsweise Kunstskulpturen aus Gipsbinden und Draht und wann immer es sich anbietet, schreib ich mal einen Text. Und die Kreativität ist nicht verlorengegangen. Ich hab noch ungefähr genauso einen scharfen Verstand wie früher. Bloß, da ich damals den Fokus immer auf die Krankheit und was mir genommen wurde, gelegt hab, hab ich nicht mal mehr meine Stärken wahrgenommen. Und das war mein größter Fehler. Deswegen hat sich das so schleppend hingezogen. Mittlerweile hab ich das überwunden und hab wieder Lebensfreude gefunden. Ob die Leute nun mit 80 Jahren den ersten Rollator haben oder vielleicht wie wir mit 60 oder 50: Ja, wir gehen vielleicht schneller voraus, was das betrifft, was den Verfall angeht. Aber, die Wertschätzung war das Wichtigste daran. Die Wertschätzung an sich selbst aber auch an dem, was man immer noch hat und was man weise verwalten sollte.

Die größte Sorge ist halt, dass ich an der Krankheit vorbei nicht meine Mitmenschen bereichern könnte. Wenn ich mir beispielsweise vorstelle, in 50 Jahren oder so sitze ich in einem Pflegeheim und hab dort meinen Humor verloren und bin dort der meckernde Greis im Pflegebett, der seinem Zimmernachbarn da schwere Zeiten schenkt, dann wäre das nicht ich. Das wäre nicht das, was ich gerne aus dem Leben mitnehmen möchte. Von daher versuche ich durch das, was ich schon überwunden hab, einigen Leuten Zuspruch zu geben. Sei das jetzt digital im Comment-Bereich, wenn man da scherzend Foren flutet mit witzigen Humorbildern oder sei das auch, indem man einige Institutionen ab und zu mal auf Fehlentwicklung in der Betreuung von schwerkranken Menschen aufmerksam macht. Der monetäre Aspekt, worauf unser Sozialstaat eigentlich ausgerichtet ist, dass die arbeitende Bevölkerung halt alles schultert und dass die privilegientechnisch, ja, die Säule unseres Selbstkonzeptes gesellschaftlich sein soll. Das sind halt Entwicklungen … warum hat beispielsweise ein chronisch Kranker, der nie voll arbeiten konnte, so eingeschränkte Privilegien im Alltag? Oder generell, dass halt die arbeitende Bevölkerung ihre Privilegien in Gewerkschaften relativ gut organisieren kann, aber dass Leute, die nie die Chance hatten arbeiten gehen zu können, eher wie ein zu verwahrendes Päckchen mitgeschultert werden im Sinne eines: „Wir ziehen euch doch durch. Also beschwert euch nicht.“ Nein, wir haben auch das Recht, uns zu beschweren. Und das ist auch wichtig.

Also, wenn ich Leute in Selbsthilfegruppen, auf Facebook oder auf anderen Social-Media-Plattformen, kennenlerne, dann tauscht man sich da doch schon auf einigen Seiten Text aus beziehungsweise spricht auch in Voicechats. Das digitale Medium ist halt auch eine Tür zu ganz anderen Kontinenten. Ich hab beispielsweise auch mit MS-Betroffene aus den USA schon mal gechattet. Das ist halt relativ bereichernd, auch zu sehen, wie andere Kulturen damit umgehen. Mir ist aufgefallen, amerikanische MS-Betroffene machen da auch eher eine Tugend draus. Die greifen das eher auf, in so einer Art: „Okay, ich bin jetzt MS-krank. Also kämpfe ich für die Rechte der MS-Kranken.“ Und versuchen da offen Privilegien zu erstreiten. Und im obrigkeitshörigen Deutschland, wo Privilegien von oben zugeteilt werden, da wartet man das eher so ab.

Der Verfall als Mensch lässt sich nicht aufhalten. Aber den Sinn stiftet man immer noch selber.

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